“Sekundärtugenden“ zahlen sich aus

Von Dr. Marion Spengler

Verantwortungsvolle Schülerinnen und Schüler, die Interesse an schulischen Themen zeigen und ihre Aufgaben erledigen, haben nicht nur bessere Noten, sondern sind auch später im Beruf erfolgreicher und haben ein höheres Einkommen. Die oft geschmähten „Sekundärtugenden“ wie Fleiß oder Verantwortungsgefühl scheinen daher einen erheblichen Einfluss auf das spätere Leben zu haben und das unabhängig von der Intelligenz der Schülerinnen und Schüler und der Bildung oder dem Einkommen der Eltern.

Im Rahmen einer Langzeitstudie haben wir Daten von 346.660 High-School Schülerinnen und Schülern in den USA analysiert, die zum Zeitpunkt der ersten Erhebung im Jahr 1960 durchschnittlich 16 Jahre alt waren. Die Teenager schätzten ihre Lese- und Schreibfähigkeiten ein und machten Angaben zu Verhaltensweisen, Einstellungen, Persönlichkeitsmerkmalen, sozialer Herkunft und demographischen Faktoren. Darüber hinaus wurden ihre kognitiven Fähigkeiten erhoben. Elf Jahre später wurden nochmals 81.912 Personen aus der ersten Erhebung zu ihren Bildungs- und Berufsbiographien befragt und 50 Jahre nach der ersten Datenerhebung machten erneut 1.912 Personen Angaben zu ihrem Bildungsabschluss sowie zu ihrem jährlichen Einkommen und ihrem beruflichen Status.

Im Rahmen der Studie konnten wir zeigen, dass verantwortungsvolle Schülerinnen und Schüler, die Interesse an der Schule zeigten, ihre Schul- und Hausaufgaben erledigten und wenig Probleme mit Lesen und Schreiben hatten, sowohl nach elf als auch nach 50 Jahren noch einen höheren Bildungsabschluss und einen angeseheneren Job hatten. Außerdem war ihr Einkommen nach 50 Jahren höher als das Gleichaltriger, die kein großes Interesse für die Schule mitbrachten.
Zweifelsohne beeinflussen auch die soziale Herkunft oder die Intelligenz den späteren beruflichen Erfolg doch gelang es zu zeigen, dass bestimmte Verhaltensweisen in der Schule während entscheidender früher Lebensabschnitte das Leben einer Person langfristig prägen können.

Über die Autorin:

Dr. Marion Spengler ist Senior Researcher und Nachwuchsgruppenleiterin am Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung. Ihre Forschungsinteressen liegen an der Schnittstelle von Persönlichkeitspsychologie und empirischer Bildungsforschung. Im Besonderen untersucht sie den Einfluss von Persönlichkeit auf kurz- und langfristige Bildungsoutcomes (z.B. akademischer Erfolg, Berufserfolg, Gesundheit, Langlebigkeit).

Zum Nachlesen:

Spengler, M., Damian, R. I., & Roberts, B. (2018). How You Behave in School Predicts Life Success Above and Beyond Family Background, Broad Traits, and Cognitive Ability. Journal of Personality and Social Psychology, 114, 620-636.. doi:10.1037/pspp0000185

Link zur Studie: http://www.apa.org/pubs/journals/releases/psp-pspp0000185.pdf

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