
Weltweit halten digitale Medien Einzug in Klassenräume und verändern das Lernen und Lehren im Schulalltag. Auf dem Weg ins digitale Klassenzimmer braucht es jedoch nicht nur die technische Infrastruktur, die Bund und Länder seit vergangenem Jahr mit dem DigitalPakt Schule ausbauen. Für einen didaktisch sinnvollen Einsatz digitaler Medien wie Tablets im Klassenzimmer spielen vor allem die professionellen Kompetenzen der Lehrkräfte eine entscheidende Rolle.
Im Rahmen meiner Dissertation habe ich gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern innerhalb und außerhalb des LEAD Graduate School & Research Network untersucht, welchen Einfluss Motivation und Wissen von Lehrpersonen auf die Qualität des Unterrichts mit digitalen Medien haben. Ein Aspekt der Motivation von Lehrpersonen ist die Valenz digitaler Medien – also die individuell wahrgenommene Wertigkeit und Nützlichkeit, die sie digitalen Medien beimessen. Es zeigte sich, dass die Valenz entscheidend dafür ist, wie häufig und vor allem in welcher Qualität medienbasierter Unterricht stattfindet. Lehrpersonen mit ausgeprägtem fachdidaktischem Wissen und hoher Valenz erreichten eine bessere instruktionale Qualität des Unterrichts; diese Unterrichtqualität wurde hierbei über die Analyse von Stundenentwürfen erhoben. Überraschenderweise zeigten weitere Analysen, dass die Valenz hierbei eine wichtigere Rolle spielt als das fachdidaktische Wissen. Folglich profitieren Schülerinnen und Schüler potentiell am meisten von dem Unterricht, dessen Stundenentwürfe von Lehrkräften erstellt werden, die eine hohe Nützlichkeit digitaler Medien in der Schule wahrnehmen.
Den Mehrwert digitaler Medien erkennen – und nutzen
Eine weitere Studie innerhalb des Projekts tabletBW offenbart, dass auch bei Lehrpersonen, die aktuell über eine vergleichsweise sehr gute technische Infrastruktur verfügen, motivationale Aspekte professioneller Kompetenzen – wie die Nützlichkeitseinschätzung digitaler Medien – die Unterrichtsqualität beeinflussen. Lehrpersonen mit einer höheren Valenz setzten hier ebenfalls eine bessere Qualität des Unterrichts mit digitalen Medien um.
Ähnliche Effekte in Norwegen
In einer dritten Studie, die ich im Rahmen eines Forschungsaufenthalts in Norwegen durchgeführt habe, wurden teilweise gleiche Ergebnisse gewonnen. Auch bei den norwegischen Lehrpersonen, die gleichermaßen über eine sehr gute technische Infrastruktur verfügen, war die Valenz entscheidend dafür, wie häufig digitale Medien im Unterricht eingesetzt wurden. Gleichzeitig spielte hier auch die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, also das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, eine entscheidende Rolle.
Lehrerbildung und Evaluierung weiterentwickeln
Für die Nutzung digitaler Medien im Unterricht scheint also vor allem wichtig zu sein, dass Lehrpersonen den Wert digitaler Medien für den Unterricht erkennen. Die Studienergebnisse können dazu beitragen, Konzepte zur Gestaltung der Lehrerbildung und Evaluierung von medienbasiertem Unterricht weiterzuentwickeln.
Zum Weiterlesen:
Backfisch, I., Lachner, A., Hische, C., Loose, F., & Scheiter, K. (2020). Professional knowledge or motivation? Investigating the role of teachers’ expertise on the quality of technology-enhanced lesson plans. Learning and Instruction, 66. https://doi.org/10.1016/j.learninstruc.2019.101300
Backfisch, I., Lachner, A., Stürmer, K., & Scheiter, K. (2020). Gelingensbedingungen beim Einsatz digitaler Medien im Unterricht – Kognitive und motivationale Voraussetzungen von Lehrpersonen. In: Beck, N., Bohl. T., & Meissner, S. Forschungs- und Entwicklungsfelder der Lehrerbildung auf dem Prüfstand. Ergebnisse der ersten Förderphase der Qualitätsoffensive Lehrerbildung an der Tübingen School of Education. Tübingen: Tübingen University Press.
Lachner, A., Backfisch, I., & Stürmer, K. (2019). A test-based approach of Modeling and Measuring Technological Pedagogical Knowledge. Computers & Education, 142, 103645. https://dx.doi.org/10.1016/j.compedu.2019.103645